Presseaussendung vom 12. April 2010
Utl.: Bioethikkommission fordert grundlegende Reform des Fortpflanzungsrechts =
Wien (OTS) - Die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt hat in
der Sitzung vom 12. April 2010 die Entscheidung des Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 1. April 2010, S.H. ua gegen
Österreich, Appl 57813/00, diskutiert. Die Entscheidung beschäftigt
sich mit dem Verbot von Eizell- und Samenspenden bei der
In-vitro-Fertilisation (IVF) in Österreich. Der EGMR stellte fest,
dass dieses Verbot gegen Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in
Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Familienlebens) der
EGMR verstößt.
Die Bioethikkommission ist zu folgendem Schluss gekommen:
1. Die Entscheidung des EGMR vom 1. April 2010, S.H. ua gegen
Österreich, Appl 57813/00, wonach sowohl das absolute Verbot der
Eizellspende als auch das Verbot der IVF mit von dritter Seite
gespendetem Samen der EMRK widerspricht, macht eine Reform des
Fortpflanzungsmedizingesetzes unausweichlich.
2. Diese Reform sollte sich allerdings nicht auf eine punktuelle
Korrektur der vom EGMR beanstandeten Regelungen beschränken. Der
Gesetzgeber sollte die Entscheidung des EGMR vielmehr zum Anlass
nehmen, auch andere Wertungswidersprüche im
Fortpflanzungsmedizingesetz zu beseitigen.
3. Die Bioethikkommission erlaubt sich, in diesem Zusammenhang an
ihre Stellungnahmen zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vom Juli
2004 und zur Stammzellforschung vom März 2009 zu erinnern, in denen
derartige Wertungswidersprüche aufgezeigt wurden.
Rückfragehinweis:
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Mag. Dr. Doris Wolfslehner
Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt - Geschäftsstelle
1010 Wien, Ballhausplatz 2
Tel.: +43 1 531 15-2987
Fax: +43 1 531 09-2987
E-Mail:
doris.wolfslehner@bka.gv.at
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